18-10-2008
Vor Jahren hatte sich in einer kleinen Stadt ein Schachverein gegründet und - da die ca. 20 Mitglieder viel Freude am Lernen und Spielen hatten- war dieser Klub im ganzen Kreis bekannt als ein starker und ernstzunehmender Turniergegner. Wöchentlich trafen sie sich, oft auch mehrmals, um sich tiefer mit der Materie zu beschäftigen oder eben einfach, um die Routine zu erhalten. Und um den Nachwuchs zu unterrichten, denn allein die Schachregeln reichen natürlich nicht aus um ein guter Spieler zu werden.
Eines Tages wurden zwei junge Kerle dort Mitglied, wie sich aber bald zeigte, hatten die beiden keine rechte Lust am ernsthaften Spiel und beschäftigten sich im Verein mit anderen Dingen und nahmen nicht am Unterricht teil. Wenn sie in einem Wettkampf wieder einmal verloren, diskutierten sie unendlich herum, warum und wieso sie die Partie normalerweise hätten gewinnen müssen; die Ratschläge der älteren und stärkeren Schachfreunde belächelten sie und durchdachten nicht einmal, was ihnen gesagt wurde.
Es kam, wie es musste, man bat sie, sich doch ein anderes Hobby zu suchen; doch sie sagten, sie wollten sich ändern und mehr Mühe geben. Doch statt dessen wurde alles noch schlimmer, sie hatten nicht nur keine Lust am Schach, ganz im Gegenteil, sie überredeten noch andere Jugendliche, dort auch Mitglied zu werden. Dieser Verein hatte nämlich einen schönen großen Raum und bot für seine Mitglieder allerlei Vergünstigungen an, so zum Beispiel preiswerte Getränke und Speisen, turnusmäßig Feiern, die aus der Vereinskasse finanziert wurden und vieles mehr. Da sich dieses neue Grüppchen nicht so recht für das Spiel interessierte, zum Schein manchmal lustlos eine unqualifizierte Pflichtpartie runterspielte, kam es infolgedessen zum Konflikt. Sie möchten bitte den Verein verlassen; nein, sagten sie, sie wollten bleiben; niemand habe ihnen zu befehlen wann und wie sie Schachspielen sollen. Wir leben in einem freien Land. Sie hätten gegen kein Gesetz verstoßen, man solle doch die Polizei holen. Dies wurde dann tatsächlich gemacht, aber die zwei Polizeibeamten sagten lediglich, sie wüssten nicht, was das solle, die Leut´ sitzen doch nur friedlich dort rum.
In dem folgenden Gerichtsverfahren bekamen die jungen Leute recht; sie -so der Richter- hätten schließlich ihre Beiträge bezahlt; nirgends stünde, dass Menschen gezwungen werden können, etwas zu tun, was sie nicht wollen, immerhin spielten diese Mitglieder ja hin und wieder; wie das in der Praxis aussehe, spiele ja keine Rolle.
Der Vereinspräsident trug vor, dass die Gründung des Vereins ja gerade mit der Intention erfolgte, dass sich Menschen zusammentun, die ernsthaft und mit Hingabe um das Schach bemüht sind, wenn auch jeder nur nach seinen Fähigkeiten. Niemand würde ausgeschlossen, nur weil er nicht die Spielstärke der Besten erreicht. Der Verein sei eine klare Interessengemeinschaft Gleichgesinnter, dies dürfe nicht durch ein widriges Verhalten zerstört werden.
Diesen Argumenten wollte das Gericht nicht folgen; die Satzung des Vereins drücke sich angeblich nicht eindeutig aus und das Recht auf freie und autonome Entscheidungen heranwachsender Menschen sei doch höher zu werten als irgendwelche kleinkarierten Vereinsziele.
Gestärkt durch diesen kleinen Erfolg wollten die Querulanten nun auch mal etwas versuchen. Sie beantragten die Änderung einiger Grundregeln mit der Behauptung, die jetzigen seien verändert und gefälscht worden; hierbei zogen sie einige tatsächliche Fakten mit hinein; nämlich dass die Rochade abgeschafft werden müsse, so auch der Doppelschritt des Bauern und die Dame als Spielfigur und vieles mehr. Sie hatten sich eigens zu diesem Zweck Literatur besorgt, wo sie nachlesen konnten, dass es zu früheren Zeiten anders war.
Nach schier unendlichen Diskussionen litt der ganze Vereinsfrieden; aber die Alten wollten das nicht akzeptieren, weil es nun ständig um diese Störungen ging statt um das normale Turnierleben. Da sagten die Neuen, die nun schon die Hälfte der Mitglieder stellten, dann müssten die Alten eben austreten. Es kam zu jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen und man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Instanzgerichte ihren Spass daran hatten, die alten Vereinsmitglieder zu ärgern. Mit immer neuen Ideen wiesen sie die Klagen ab. Wieviel freiwillige Stunden hatten die Alten geopfert, um aus dem alten und baufälligen Gebäude diesen schönen Verein zu zaubern, wieviel Geld floss hinein, ohne auf den Pfennig zu achten. Das sollte alles nichts gelten? Gewiss würde das höchste Gericht letztlich Recht sprechen, da war man sich sicher, aber die Zeit bis dahin war verlorene Zeit. Eine Zeit voller unnötiger Querelen und Störungen.
Natürlich hat es diesen Schachverein ganz so nicht gegeben, da sind unsere Gesetze vor.
Aber das Gleichnis ist offenbar; es ist die Kirche.
Lieber Leser, was hältst du davon? Immer mehr Gemeindeleiter äußern sich so, dass in der Kirche alles freiwillig und durch eigene Entscheidung der einzelnen Mitglieder zu reifen habe. Aber ist denn die Gemeinde Jesu wirklich nur eine Gruppe, deren Mitglieder sich nicht entscheiden können, ob sie überhaupt die Regeln akzeptieren? Sind wir nicht schon der Verein, der frech die Alten rausbugsiert hat?
Gottes Segen!
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Tipp: Kann Gott einen Stein schaffen, der er selbst nicht heben kann?
Kirche, Gemeindeleiter, Schachverein