An einem langen Sonntag
den ich zur Hälfte verschlief
sitz ich vorm Regenfenster
und schreibe dir einen Brief
ich lüge herum
wie mir alles gelingt
und ich sehe auch prächtig aus
und früher, natürlich, da war ich noch dumm
das stellt sich jetzt allmählich raus
ich lüge herum
daß ich Liebe empfind
dabei weiß ich nicht, was draus wird
ich teile dir mit, dieser Sommer ist um
und schade, wie fern wir uns sind
An einem langen Sonntag
an dem ich laut nach dir rief
hab ich dir das verschwiegen
und schreib den fälligen Brief
und wenn du ihn liest
wirst du wissen, wies geht
daß ich alles und gar nichts hab
ich weiß nicht, warum jemand Tränen vergießt
der selber so wenig gab
Gisela Steineckert, Liederbriefe S. 197
Henschelverlag, Kunst und Gesellschaft
Berlin 1989; 2., veränderte Auflage
DDR